Vom Horror des Offline-Seins (Teil 2)

von root

Vor gefühlt ganz langer Zeit – ok., es war erst im Februar diesen Jahres – hatten wir bereits einen Artikel hierzu geschrieben, als wir so ganz ohne Funknetz am Kap Tenaro an der Südspitze Griechenlands standen. Monate zuvor hatten wir auch schon mal fast die Flucht von einem Stellplatz in Spanien ergriffen, da wir kein Netz hatten und deshalb nicht wußten, wie das Wetter am nächsten Tag werden wird; die Buckelpiste bis zu jenem Stellplatz war damals für uns noch eine Herausforderung. Inzwischen sind wir routinierter, was jenes Offroad-Fahren anbelangt, und auch mal 1…2 Tage ohne Netz sind absolut ok. Hatten wir dieses doch bereits oft in Kanada und noch mehr in den USA. Aber jetzt hier, auf der Baja California? An faktisch keinem Strand haben wir Handy-Empfang, selbst in Ortschaften ist oft Fehlanzeige. Daß dies so mau ist, damit hatten wir nicht gerechnet. Robinson Crusoe war ja auch abgeschnitten vom Rest der Welt und dieses noch viel länger als wir, aber der mußte damals auch keine Steuererklärung machen. 😉 Jetzt kann man sich die Situation romantisch ausmalen: An einem schönen Strand, einsam, die Wellen rauschen und die Delphine springen im Hintergrund; wofür braucht man da Netz? Einfach mal die Natur als Kulisse genießen, nicht immer online sein, kein störendes „Ping“ des Handys bei einer neuen WaP-Nachricht, und man ist ja nicht alleine, d.h. man kann sich mit seinem Partner prima unterhalten. Ein Traum für alle, die im Beruf permanent online sein müssen und unter einer Flut von Mails begraben sind. Die Kehrseite – und dies ist für uns absolut kein Widerspruch zu der romantisch skizzierten Kulisse: Keine (weltlichen) Nachrichten, keine Kommunikation mit Familie, Freunden oder anderen Reisenden, keine Reiseorganisation möglich, und sich mal eben über dieses oder jenes informieren, ist auch nicht drin. Zumindest all‘ dieses nicht für die Zeit des Offline-Seins und wenn man mal Netz „ergattert“, dann muß man mit den hiesigen Datenverträgen schon sehr aufpassen, daß man die Datenmenge nicht sprengt. Romantik und Reiseorganisation können und sollten eigentlich Hand in Hand gehen, insbesondere bei Langzeitreisenden. Es war für uns einfach zu anstrengend, unsere Reise komplett offline zu gestalten, oder zumindest über einen längeren Zeitraum hinweg. Und da sprechen wir schon nicht über Insta & Co. So stieg bei uns auch der „Streß-Level“, denn „die Orga. der Orga“ mußte gut vorbereitet werden, nach dem Motto: Oh, wir haben Netz! Da müssen wir noch schnell dieses und jenes machen, Mails checken, Wetterbericht prüfen, usw. Und wir gehören schon nicht zu der Fraktion, die Netflix hat oder Youtube Videos schaut. Ne‘, dies ging wirklich nicht bei max. 25 GB im Monat!

Es mußte also kommen, wie es kommen mußte: Wir gehören nunmehr zu „Elon’s Family“! *) Lange hatten wir überlegt, denn während unserer Reise in Europa war die Netzabdeckung an sich absolut kein Problem gewesen, und von daher waren wir unschlüssig, ob wir „unsere Informationen“ über jenes Satellitenmonopol schleusen möchten, aber es scheint derzeit hierzu keine Alternative zu geben und damit ist auch klar, warum sich mehr und mehr Reisende dafür entscheiden. Wir hatten uns daher in Mexiko entschieden, ein Starlink System zu bestellen. Gesagt, getan! NEIN! Es wurde ein Drama! Jegliche Online-Bestellung scheiterte mit einer Fehlermeldung, daß die Zahlung von Seiten unserer Bank abgelehnt worden sei. Diese hatten wir natürlich kontaktiert, jedoch hat es final über einen Monat gedauert, mit unzähligen Bestellversuchen, Telefonaten mit unserer Bank, und auch dank Tipps anderer Reisender, daß wir letztendlich erfolgreich waren. Es lag an der Kombination aus „Authorisierung einer Online-Bestellung in Mexiko von Seiten unserer Bank“, plus „zeitnahem Belasten unserer Kreditkarte im Verlauf des Bestellprozesses von Seiten Starlink“ – so zumindest die Informationen, die wir herausgefunden hatten. Ach ja, wir haben an die 40 Bestellungen ausgelöst; mal sehen, mit wieviel SAT-Schüsseln wir später auf unserem Wohnkoffer umherfahren. 😉 Als dann mal die Bestellung geklappt hatte – ich habe gejauchzt vor Erleichterung! 😊 -, ging es ganz schnell: Ein perfekteres Timing hätten wir nicht haben können, standen wir doch kurz vor La Paz und nur 5 Tage später – mit einem Wochenende dazwischen – konnten wir UNSER Paket im DHL Shop in La Paz abholen. YEAH! Wir sind danach direkt an einen Strand – natürlich war dort kein Netz! 😉 – gefahren, haben unser Starlink-Kit aufgebaut und es funktionierte gleich nach wenigen Minuten. Ach ja, eine Stunde später stand der erste neben uns, der unser Paßwort zwecks Einloggens haben wollte, da er sich im Sand festgefahren hatte und Hilfe organisieren wollte. Soviel zum eigenen, privaten Netz! 😉 Um aber fair zu sein: An manchen Stränden waren andere Reisende so lieb und haben uns ihr Starlink-WiFi angeboten, damit auch wir Netz hatten. Dies ist einmalig hier auf der Baja und wir waren immer sehr dankbar dafür!

Hat sich seit Anschaffung unseres Starlinks etwas geändert? Klare Antwort: JA! Wir sind entspannter geworden, denn wir wissen, wir haben auch an abgelegenen Plätzen Netz, wenn wir es brauchen. Ok., wir haben innerhalb der ersten 5 Tage so viel Datenvolumen verbraucht wie sonst in einem ganzen Monat, aber wir sind ja noch am Anfang und es wird sich einpendeln. 😉 Wir genossen es einfach, mal ohne auf die Bits & Bytes in der Leitung zu achten, im Netz zu surfen. Und auch den Videocall zum runden Geburtstag meines Papas konnten wir vom einsamen Strand ohne vorhandenes Funknetz machen. Purer Luxus! Unser Stromverbrauch ist natürlich höher als zuvor, aber die Sonne hier auf der Baja holt dies aktuell wieder gut rein. Dezente Anmerkung am Rande: Dafür sparen wir Strom bei unserer Klimaanlage im Wohnkoffer, denn die ist momentan kaputt. Verdacht ist, daß die Kühlflüssigkeit entwichen ist. ☹ Auch wenn Starlink für uns nicht komplett die Telefonie ersetzt – nach Deutschland telefonieren wir zwar mit Skype, aber es ist noch immer gut, auch eine lokale Telefonnummer zu besitzen -, so sind wir glücklich damit, wie einfach das Setup und die Konnektivität ist. Vermutlich werden wir dann auch unseren satellitenbasierten Messenger (SPOT-X) kündigen, denn wirklich gebraucht haben wir ihn (als Lösung für den Notfall) nicht und auf das erfolgreiche Versenden bzw. Empfangen von Nachrichten konnten wir uns leider nicht verlassen. Starlink selber hat uns sogar auf Nachfrage die Differenz zum zwischenzeitlich günstigeren HW-Preis als Gutschrift zur Verrechnung mit den nächsten Monatsbeiträgen erstattet, da sie nur wenige Tage nach unserem Kauf ein Promotionsangebot offeriert hatten. Damit haben wir nicht gerechnet. Apropos Monatsbeitrag: Wir waren erstaunt, zu sehen, daß das aktuelle Abo in Deutschland sogar nur noch halb so teuer ist wie zu Jahresanfang, und damit inzwischen auch günstiger als jener Preis, den wir hier für die RV Version in Mexiko bezahlen (50 € versus 72 €).

Was steht für uns als nächstes an? Momentan bauen wir das ganze System immer auf und ab und es ist klar, daß dies keine Dauerlösung ist. Wir überlegen noch, wie wir die für uns passende Installation realisieren, denn es gibt für alles Vor- und Nachteile. Die SAT-Schüssel kann man entweder auf dem Boden positionieren, auf dem Dach (Wohnkoffer oder Fahrerhaus) hinstellen, oder man baut den Motor aus und klebt die „restliche“ Schüssel mit einer passenden Halterung auf’s Dach. Man kann das System mit 220 V oder 12 V betreiben, wobei die SAT-Schüssel immer noch 48 V benötigt, und der Starlink Router leider nicht mit 12 V läuft (hierfür bräuchte man einen anderen Router und an unseren Vorhandenen können wir kein Netzwerkkabel bzw. externe Antenne anstecken). Kleine Anmerkung:  Unser mexikanisches System kam natürlich mit einem mexikanischen Netzstecker. Liebe Reisebekannte von uns (ein großes Dankeschön an Anke und Wolfgang!) haben uns einen passenden Adapter für unsere deutsche Steckdose geschenkt! Während ein Router natürlich im Innenraum verbleibt, muß das Kabel zur SAT-Schüssel „irgendwie“ nach draußen gelangen, sofern man für eine festmontierte Schüssel nicht einfach ein Kabel durch die Wand oder Decke gelegt hat: Entweder durch (geöffnete) Dachluke oder ein Seitenfenster – wir leiten es momentan vom Stauraum durch die geöffnete Seitenluke nach draußen, aber dies ist nur temporär -, oder man hat außen eine entsprechend geschützte Steckdose. Leider finden wir keine, in die der speziell codierte USB-C Stecker paßt, und so bauen sich Reisende das Kabel auf einen RJ45 Netzwerkstecker um. Es gäbe zwar einen passenden „Adapter“, für diesen man das Starlink Originalkabel nicht abschneiden braucht, aber dieser Adapter ist wiederum nur für den Innenraum geeignet. Es hapert also unserer Meinung nach an passendem Zubehör für Reisende (Und wer hat sich eigentlich diese Geometrie des Starlink Routers überlegt, der nicht planar an eine Wand montiert werden kann?). Wir werden berichten, wofür wir uns dann mal entschieden haben, denn notwendiges Installationsmaterial müssen wir erst noch bestellen. Momentan sind dies jedoch für uns „Luxus-Probleme“, denn wir sind einfach nur happy, daß wir online sind. Der Horror des Offline-Seins ist für uns also vorbei! 😉

*) Ihr fragt Euch jetzt sicherlich, ob wir Geld für unsere „Werbung“ erhalten, denn ob wir wollen oder nicht, wir machen diese mit unserem Artikel natürlich ungewollt gewollt. Die klare Antwort jedoch: NEIN! Dazu haben wir auch keine Langzeiterfahrung mit jenem System. Wie erwähnt, scheint es unseres Wissens aktuell keine Alternativen dazu zu geben. Falls Ihr welche wisst, schreibt uns daher gerne!

(Musik von: https://www.musicfox.com/)

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